Altes Handwerk und moderne Umsetzung, Atelier und Albert-Ludwigs-Universität, Theorie und Praxis: Beschäftigt man sich etwas genauer mit der Porzellankünstlerin Christina Soltani, steht eines ziemlich schnell fest: Ungleiches miteinander zu verbinden ist ein Thema, das die junge Freiburgerin fasziniert.
Die Keramikerin, die hauptberuflich als Kunsthistorikerin tätig ist und derzeit an ihrer Doktorarbeit schreibt, hat sich voll und ganz der Kunst verschrieben – im Lesesaal eher rückblickend und analytisch, in der Werkstatt praktisch und im Hier und Jetzt.
„Die Kombination aus bodenständigem Handwerk und kreativem Gestalten mit Farben ist das, was mir beim Fertigen von Porzellanstücken so viel Freude bereitet“, erklärt sie die Liebe zu ihrer Tätigkeit.
Ihre sorgfältig gearbeitete Feinkeramik, die sich einerseits in die uralte Tradition des Töpferns einreiht und andererseits mit frischen Dekors auch ein junges Publikum anspricht, ist der beste Beweis dafür, dass der 32-Jährigen die ambitionierte Verbindung bestens gelingt. Doch so durchdacht, wie ihre Kunst wirken mag, war sie ursprünglich gar nicht angelegt.
In einem Töpferkurs wollte Christina Soltani zunächst nur einen lang gehegten Traum verwirklichen und das Handwerk an der Töpferscheibe, das einige Fingerfertigkeit erfordert, näher kennenlernen. Aus einem Kurs wurden mehrere und sie entdeckte, dass sich außer Ton auch Porzellanmasse auf der Drehplatte bearbeiten lässt.
Das feinkeramische Material hat sie seitdem nicht mehr losgelassen. Ihre individuellen Objekte, die sie als „PorzellanKunst by Christinini“ auf einem Internetportal für Selbstgemachtes vertreibt, stellt sie ausschließlich aus französischem Limoges-Porzellan her, das im Gegensatz zu anderen Porzellansorten nach dem Brennen eine edle Cremefärbung erhält.
In großen Blöcken bezieht die Künstlerin die zähe Rohmasse, von der sie nach Bedarf Stücke mit dem Schneiddraht abtrennt. Den richtigen Umgang mit Porzellan hat sie bei fachkundigen Lehrmeistern wie Fritz Rossmann, Jack Doherty, Nona Otarashvili und Ute Großmann detailliert kennengelernt.
Eine mittelgroße Schüssel soll heute entstehen; wie viel Porzellan sie dafür braucht, hat sie längst im Gefühl. Dann heißt es kneten, kneten, kneten, damit letzte Luftblasen entweichen. Nachdem der abgetrennte Klumpen die ersten Runden auf der Drehscheibe hinter sich hat, schließt die gebürtige Unterfränkin andächtig die Augen, als könne sie so eine bessere Verbindung zum Material herstellen.
„Das A und O ist, mit Feingefühl zu arbeiten“, erklärt die Expertin. „Bei geschlossenen Augen kann ich genau spüren, ob ich die Masse noch besser zentrieren muss.“ Routiniert bildet sie aus einer Vertiefung in der Rohmasse eine breite Mulde, anschließend schnellt ringsherum die Gefäßwand in die Höhe. Zum Befeuchten steht eine Wasserschüssel mit Schwamm stets griffbereit.
Die Nässe, die für das Formen auf der Töpferscheibe wichtig ist, muss sie der Schüssel anschließend wieder entziehen. Denn erst nach dem Antrocknen mit einem Gasbrenner lässt sich die Schale ablösen. „Beim Abflammen übt man sich in Geduld“, erzählt die Keramikerin, während die blaue Flamme rauscht. „Mittlerweile empfinde ich diesen langwierigen Prozess aber als meditativ.“
Ist das Gefäß vollständig trocken, wird es mit dem Draht von der Scheibe gelöst. Nun folgt ein Arbeitsschritt, an den die Künstlerin aus dem Südbadischen allerhöchste Ansprüche stellt: das Abdrehen. Mit einer scharfen Abdrehschlinge bringt sie Gefäßfuß- und wand in Form, indem sie an der umgedrehten, rotierenden Schale überschüssiges Material millimetergenau abraspelt.
Immer wieder prüft sie, ob die Gefäßwand nun gleichmäßig dick ist. Feinarbeit ist ihr an dieser Stelle besonders wichtig. Sogar die Innenseite dreht sie ab – ein eher ungewöhnlicher Schritt. „Unebenheiten im Inneren des Gefäßes scheinen bei diesem dünnen Material nämlich oft nach außen durch“, erklärt sie den zusätzlichen Aufwand. Erst wenn die Schüssel den Anforderungen der Fachfrau entspricht, ist der Rohling für den ersten Brennvorgang, das sogenannte Schrühen, bereit.
Die Kunstwerke von Christina Soltani sind größtenteils Unikate, Serien stellt sie nur ungern her. Einmal hatte sie eine Auftragsarbeit angenommen, bei der sie eine Schale mit kleinteiligem Muster vielfach herstellen musste. Rasch merkte sie jedoch, dass bei der monotonen Herstellung nach Vorgabe der kreative Prozess zu kurz kommt.
Seitdem geht sie die Produktion entspannter an: „Ich fertige so viel, wie ich neben meiner Tätigkeit an der Uni gerade schaffe. Habe ich eine Ofenladung zusammen, brenne ich die Stücke und biete sie dann erst zum Kauf an.“
Die farbenfrohen, grafischen Dekors, die ihre Porzellankunst ausmachen, entstehen aus einer Mischung aus gedruckten und gemalten Elementen. Anders als bei Meissner Porzellan bringt Christina Soltani die Farbe bereits auf die unglasierte Ware auf. Motive, die ihr beim Stöbern in Zeitungen, Werbebeilagen oder Briefen ins Auge springen, druckt sie auf das Porzellan.
Auf manchen Stücken stellt sie mit Schwarzwaldmädel- und Kuckucksuhr-Druck auch einen Bezug zu ihrer Wahlheimat her. Bevor es ans Bemalen geht, ritzt die Doktorandin das Muster zunächst mit einer Nadel vorsichtig ein. Das hat den Vorteil, dass sich die Farbe später fast wie von selbst in den vorgefertigten Vertiefungen verteilt.
„Das Verzieren ist für mich der bedeutendste Teil“, erklärt sie. „Ich wollte immer Design studieren, bin dann letztlich aber bei der Kunstgeschichte gelandet. Meine Freude am Umgang mit Farbe ist aber geblieben.“ Nach dem Verzieren werden die Objekte noch in eine weiße Glasur getaucht, bevor sie zum Trocknen im Regal Platz finden. Der anschließende Hochbrand bei 1260 Grad verwandelt die Glasur in eine dünne, transparente Glasschicht, die dem Porzellan seinen typischen Glanz verleiht.
Gedrehte Stücke gefallen Christina Soltani wegen ihres speziellen Charakters am besten. Wenn sie eine Form mehrfach benötigt oder hohe Vasen herstellen möchte, gießt sie aber auch Porzellan. Grundstoff dieser Technik ist feines Limoges-Pulver, das mit Wasser zu einer dünnen Porzellansuppe angerührt wird. In selbst hergestellte Gipsformen schüttet sie dann die Flüssigkeit. Was sich nach einer kurzen Wartezeit nicht in der Form abgesetzt hat, wird schwungvoll wieder abgegossen.
Neben Vasen, Schalen und Bechern fertigt die freiberufliche Porzellankünstlerin auch Produkte, die man mit dem edlen Werkstoff eher weniger in Verbindung bringt: Frühstücksbrettchen, Weckgläser und Ohrringe gehören längst zu ihrem Repertoire, von Löffeln und Postkarten existieren bereits Prototypen.
Damit keine Routine entsteht, entwirft die kreative Geisteswissenschaftlerin ständig neue Porzellanideen. Inspirieren lässt sie von allem, was im Alltag ihre Aufmerksamkeit erregt. Sogar in der Bibliothek ist ihr einmal ein altdeutscher Schriftzug aufgefallen, den sie als Druckelement übernommen hat. Wissenschaft trifft auf Kunst, Vergangenheit trifft auf Gegenwart – Extreme gekonnt zu vereinen gelingt der sympathischen Freiburgerin immer wieder.