Früher gab es in jedem Dorf eine weise Kräuterfrau, die um die heilende Wirkung der einheimischen Pflanzen wusste und von den kranken Menschen um Rat und Hilfe gebeten wurde. Tee gehörte schon damals zu den gebräuchlichsten Anwendungen – allerdings wurde er meist nicht wie heute mit kaltem oder heißem Wasser aufgegossen, sondern mit Milch gekocht. Die Blätter, Blüten, Früchte, Stängel und Wurzeln für diese Zubereitungen ernteten sie auf den Wiesen, an Feldwegen, Waldrändern und Bachufern in der Nachbarschaft, viele stammten aber auch von ihren fürsorglich gepflegten Kräuterbeeten im Garten.
HEILKRÄFTIGE PFLANZEN VOR DER HAUSTÜR ERNTEN
Dort waren Schachtelhalm und Johanniskraut, Spitzwegerich, Beinwell, Kamille, Mädesüß und Schafgarbe zu finden – heilkräftige Pflanzen für Haustees und andere Anwendungen, die auch in dem liebevoll angelegten Garten von Doris Grappendorf wachsen. Schon als Heranwachsende hatte es sie fasziniert, dass die Menschen früher nur vor die Tür zu gehen brauchten, um bei Beschwerden die richtige Arznei zu pflücken. Da es in ihrer näheren Umgebung keine Kräuterfrau gab, bei der sie in die Lehre gehen konnte, verschlang sie alle traditionellen Heilpflanzenbücher und sammelte das von Generation zu Generation überlieferte Wissen. Ihren Traum, selbst als Kräuterfrau zu arbeiten, hat sie schon während des Biologiestudiums und einer Ausbildung als Heilpraktikerin verwirklicht. Vor elf Jahren gründete sie dann im hessischen Köddingen eine Wildkräuter- und Heilpflanzen-Schule, um den alten Erfahrungsschatz – ergänzt durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Pflanzenheilkunde – auch anderen Menschen in Seminaren und Wochenendkursen zugänglich zu machen.
TEEKRÄUTER IM GARTEN
Wie ihre Schüler bewundern auch wir den üppigen Nutzgarten von Doris Grappendorf, in dem Ringelblumen und Malven, Gundelrebe und Beifuß den Ton angeben. »Wer selbst einen Garten mit Teekräutern anlegen möchte, kann schon auf wenigen Quadratmetern eine gute Auswahl unterbringen«, erklärt die Diplom-Biologin. Häufig bevorzugen diese Gewächse einen sonnigen, windgeschützten Platz mit einem lockeren und humushaltigen Boden. Ein Tipp der Expertin: »Wenn man sich bei der Wahl des Standortes nicht sicher ist, sollte man sich einfach am besten anschauen, unter welchen Bedingungen die Kräuter in der Wildnis gut gedeihen und die gleichen Voraussetzungen im eigenen Garten schaffen.« Gesammelt wird bei schönem Wetter am späten Vormittag. Um einen Vorrat für den Winter anzulegen, breitet man Blüten, Blätter und Früchte zum Trocknen locker auf einem mit einem Kunststoffsieb bespannten Holzrahmen aus. Ganze Pflanzen werden in Büscheln aufgehängt. Wenn die Kräuter trocken sind, werden sie zerrieben – aber dabei nicht zu sehr zerkleinert, damit sich die ätherischen Öle nicht so leicht verflüchtigen. »Wer sich nicht sicher ist, ob die Pflanzen ganz trocken sind, legt Löschpapier mit in den Behälter«, rät die Heilpraktikerin.
DEM GEFÜHL VERTRAUEN
Grundsätzlich ist es aber besser, für Heiltees frische Kräuter zu verwenden: Diese haben eine stärkere Wirkung, da beim Trocken einige Inhaltsstoffe verloren gehen. »Aber Vorsicht, Tee aus frischen Kräutern schmeckt auch intensiver, sodass man etwas weniger Kräuter zugeben sollte«, empfiehlt Doris Grappendorf. In der Regel liegt die Dosierung für Erwachsene bei einem Teelöffel pro Tasse, fünf bis zehn Minuten muss der Aufguss ziehen. »Bei der Zubereitung können Sie sich ruhig auf Ihre Intuition verlassen«, meint die Kräuterlehrerin. »Dosierung und Ziehzeit sind dann richtig gewählt, wenn der Tee so schmeckt, dass Sie das Gefühl haben, dass er Ihnen gut tut.« Wer etwas experimentiert, bekommt mit der Zeit von selbst ein Gespür für seine optimale Zubereitung. Kräuterteekuren dürfen jedoch nicht länger als sechs Wochen dauern, da die Inhaltsstoffe sonst Nebenwirkungen hervorrufen können oder wirkungslos werden. Bis zum Beginn einer neuen Kur sollten mindestens zwei Wochen verstreichen. Die Selbstbehandlung hat aber Grenzen: Wenn sich die Beschwerden nicht bessern, sollte man einen Arzt aufsuchen. Nicht alle Teekräuter werden mit Heißwasser aufgegossen. »Einige Pflanzen wie die Malve enthalten Schleimstoffe, die beim Überbrühen zerstört werden«, erklärt die Spezialistin, die ihr Wissen in dem Buch »Wildkräuter- Apotheke« (10 Euro, über
[email protected]) zusammengetragen hat. Dieser Tee muss etwa eine halbe Stunde ziehen. Wie ein Schutzfilm legen sich die Wirkstoffe beim Trinken über die Schleimhäute von Magen, Darm und Luftwegen. Selbst Heuschnupfengeplagten bringt er Erleichterung. Überdies sind Malven mit ihren rötlich- violetten Blüten eine optische Bereicherung – und fast schon ein Muss in jedem Kräutergarten. Was dort auch nicht fehlen darf, ist Pfefferminze: Sie ist das Teekraut schlechthin – ein ideales Hausmittel bei Magen- und Darmbeschwerden wie Übelkeit, Brechreiz, Völlegefühl, Blähungen oder Durchfällen. Drei bis fünf Tassen über den Tag verteilt getrunken können die Beschwerden meist recht schnell lindern. Ein Rat der Biologin: »Pfefferminze wiegt nicht viel, hat aber einen intensiven Geschmack – deshalb sollte man bei der Dosierung zurückhaltend sein.« Ebenfalls fast unentbehrlich im Kräuterbeet ist die Melisse. Sie wirkt beruhigend, krampflösend und appetitanregend und stärkt das Herz-Kreislauf- System. Sehr beliebt ist außerdem die Ringelblume, weil ihre Blüten nicht nur entzündungshemmend und abschwellend wirken, sondern jedem Tee auch ganz wunderschöne gelbe Farbtupfer geben.
DEKORATIVES TEEKRAUT
Eine gleichzeitig dekorative und sehr wirkungsvolle Tee- und Heilpflanze für den eigenen Garten ist auch das Johanniskraut. »Es hilft bei depressiven Verstimmungen, geistiger Erschöpfung, nervösen Magen- und Darmbeschwerden, Angstzuständen und Wechseljahresbeschwerden. Ich mische es auch gern mit Melisse und Pfefferminze zu einem belebenden Gute-Laune-Tee oder mit Melisse und Weißdornblüten zu einem beruhigenden und ausgleichenden Entspannungstee«, verrät Doris Grappendorf. Für die Leser der LandIdee hat die Kräuterfrau eine Teemischung, die auch bestens für den Herbst passt, kreiert: »Der LandIdee-Tee aus Brennnessel-, Birken- und Löwenzahnblättern, Pfefferminze sowie Ringelblumenblüten reinigt den Körper. Er wirkt dabei regulierend auf die Darmflora und stärkt das Immunsystem. Vier bis sechs Wochen trinkt man davon täglich eine Tasse.« Zusammengestellt und versandt wird die LandIdee-Mischung von ihrer Schülerin Renate Wichter, die den Köddinger Kräuterladen führt.
Angelika Krause
LANDIDEE-TEE:
LandIdee-Leser können den Tee (40 g/5 Euro, 80 g/8 Euro inkl. Porto) im Köddinger Kräuterladen (Helpershainer Str. 19, 36325 Köddingen), Tel./Fax 0 66 45/78 03 92, oder
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