Der Lärm ist infernalisch. Als Erwin von der Mühle den Kollergang anschaltet, der mittels riesiger Keilriemen und sich drehender Achsen mit der zentralen Stromversorgung verbunden ist, beginnt sich das gigantische Mühlrad in einer runden Rinne zu drehen, in die Erwin zuvor die Rapssamen geschüttet hat. Mit gewaltigem Getöse setzt sich das tonnenschwere Rad in Bewegung, um dann mit einer erschreckend hohen Geschwindigkeit zu rotieren.
Man könnte meinen, diese Kräfte würden auch große Steine zermahlen können. Wenn Erwin nun etwas erklären will, muss er laut rufen: „Die Kraft, die hier wirkt, ist sowohl Gewichtskraft des Läufers, also des Mühlsteins, als auch eine zusätzliche Kraft durch die sogenannte Präzessionstendenz. Das Mahlgut wird nicht nur zerdrückt, sondern dazu regelrecht zerrissen.“
Der Traum von den Mühlen
Nuss-, Kürbiskern- und Rapsöle mahlt Erwin von der Mühle hier selbst, bis zu 300 Liter täglich. Die Ölmühle stand nicht immer an diesem Ort, sie stammt aus der Selfkant (Kreis Heinsberg) und ist fast 200 Jahre alt. In Jahren schwerster Arbeit haben Erwin und seine Frau Mariette hier in Birgel in der Vulkaneifel ein Mühlenzentrum zusammengetragen, aus dem sich ein regelrechtes Dorf entwickelt hat.
Den Beginn machte eine historische Wassermühle für Korn, die Erwin 1995 entdeckte und restaurierte. Stein für Stein wurde das verfallene Gebäude wieder aufgebaut. Nachdem die Kornmühle und das erste Restaurant standen, kamen immer mehr Gebäude hinzu, eine Feierhalle, eine Senf- und die Ölmühle, eine gigantische Sägemühle, die heute als Restaurant dient, ein Laden, ein Standesamt und dann auch Gebäude für das Hotel, das teils in putzigen Fachwerkhäusern, teils in einem Wohnhaus untergebracht ist.
Kalt gepresst und heiß geliebt
Der frühere Badspezialist Erwin nannte sich forthin „von der Mühle“ und hatte es sich in den Kopf gesetzt, als Müller zu leben. Heute klappern neben der Korn-, Senf- und Ölmühle auch die Bestecke des extrem gut besuchten Mühlenrestaurants, das Mühlrad im Bach und die Kasse im Laden: Öl, Likör und Edelbrände aus der eigenen Brennerei, Senf und Mehl bieten die Müller hier feil.
Walnuss-, Senf- und Rapsöl
Das Mehl aus der Kornmühle nutzt Mariette für das frische Bauernbrot, und die kalt gepressten Öle aus Nüssen, Raps und Kürbiskernen verfeinern die Menüs des Küchenteams mit zarten Nuss-Noten. Erwin erklärt: „Raps hat es mir besonders angetan. Man schätzt, dass er aus dem Mittelmeerraum stammt und aus einer spontanen Kreuzung von Kohl und Rübsamen entstanden ist.“
Seit dem 16./17. Jahrhundert wird Raps bei uns als Ölpflanze angebaut. Lampenöl und Schmiermittel gewann man daraus, in der letzten Zeit hat das Rapsöl auch Einzug in die Küchen gefunden. „Die Qualität von Raps hat sich durch langes Experimentieren so verbessert, dass das Speiseöl einen gesunden Anteil an Öl- und Linolsäure vorweist. Selbst der früher so bittere Geschmack wurde herausgezüchtet.“