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In den Topf geguckt beim Ziegenzüchter

Das Fleisch von Zicklein galt früher als begehrter Festtagsschmaus – später geriet es in Vergessenheit. Zu Unrecht, findet Hobbykoch Hans Kellner: Er verrät fünf feine Rezepte. Leicht nachzukochen sind sie alle.

Man könnte eine Stecknadel fallen hören, hier im Stall. 120 Ziegen, Zicklein und drei Böcke schauen uns interessiert an. Neugierig und gescheit wirken ihre Blicke – und doch scheinen sie jederzeit dazu bereit, in den Fluchtmodus zu schalten.

Erst als Hans Kellner seine Herde begrüßt und damit Entwarnung gibt, werden wir Besucher akzeptiert, und das Kauen, Meckern und Herumspazieren, das die hübschen Bunten Deutschen Edelziegen vorher beschäftigte, geht munter weiter. Wir befinden uns auf dem Hallertauer Ziegenhof von Hans Kellner, einem Biohof, eingebettet in einem kleinen Weiler zwischen Hopfenfeldern auf sanften Hügeln.

Die Ziegen und vier Ochsen, die Kellner hält, haben hier viel Auslauf und saftige Weiden, Hans Kellner lebt von ihrem Käse. Seit fast 30 Jahren besitzt Hans Kellner Ziegen – seit er auf einer Australienreise auf den Geschmack kam. „Dort aß ich meinen ersten Ziegenjoghurt und war infiziert. Ich fand den Geschmack einzigartig."
Zurück in Deutschland musste er feststellen, dass außer ein paar Liebhabern niemand mehr Ziegen hielt. Sie galten in den 80ern als unrentabel für Milch und hatten den Ruf von Arme-Leute-Fleisch. „Und das nur, weil früher selbst Häusler, also Menschen ohne Grundbesitz, Ziegen halten konnten. Denn die fraßen sich auch ohne Weiden satt“, weiß Hans Kellner.

Der Dichter Eugen Roth schien solche als Nachbarn zu haben, denn er lästerte: „Willst Du nicht stehlen, dann schaffst Du Dir ein paar Ziegen an, die in fremden Gärten hupfen und Laub und Gräser rupfen, zupfen und dir aus anderer Leute Kräutern heimbringen Milch in ihren Eutern.“

Was dem Ruf der Ziege nicht unbedingt nutzte. Kellner: „Dabei war Zickleinfleisch sehr begehrt. Adelige und Reiche kauften den Bauern im Frühjahr die Zicklein ab, sie waren für die Bauern eine wertvolle Einnahmequelle.“ Hans Kellner begann mit einem einzigen Paar Brauner oder auch Bunter Deutscher Edelziegen. Dann waren es sechs, dann zehn …

„1985 galt ich mit gerade mal 15 Ziegen auf dem Hof meiner Eltern als Oberbayerns größter Züchter“, lacht er. Hans Kellner lernte, wie man Käse macht, und setzte eine Ausbildung zum Käsesommelier obendrauf. Die Käseherstellung hat für ihn aber auch einen Wermutstropfen. „Es mag herzlos klingen“, beginnt er und öffnet uns die Tür zu seiner Käserei.

Dort zaubert der Käsesommelier feinste Frischkäse, Camemberts, Hirten- und Hartkäse aus Ziegenmilch in Gourmetqualität. „Aber wer Milch und Käse herstellen will, hat Kälber, Lämmer oder Ziegenkitze als ‚Nebenprodukt’. Ohne Babys keine Mütter, ohne Mütter keine Milch, ohne Milch kein Käse. Das heißt, dass man immer Schlachtvieh hat.“

Da die Ziegen jedoch wichtig für die Landschaftspflege und auch für die Artenvielfalt in der Landwirtschaft sind, tun alle, so Kellner, die Kitzfleisch kaufen, nicht nur Ziegenzüchtern, sondern auch der Landschaft einen Gefallen. Zurück im Stall öffnet Kellner die Türen zur Weide. Die Ziegen rennen begeistert hinaus – und gleich wieder in den Stall zurück. „Es regnet“, lacht Kellner. „Das mögen sie nicht. Zicken eben.“

 
In den Topf geguckt beim Ziegenzüchter - Text: Kati Hofacker FOTO: Brigitte Sporrer PRODUKTION: Kati Hofacker, Dagmar Bartosch
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