Wer sich mit Heilpflanzen beschäftigt, kennt mehrere Verfahren, mit denen die wertvollen Wirkstoffe aus Heilpflanzen nutzbar gemacht werden: mithilfe von Wasser als Tee, mit Alkohol als Tinktur oder mit Öl als Mazerat. Diplombiologe und Facharzt Peter Emmrich, der in Pforzheim eine Praxis für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren führt, ergänzt die Liste: „Auch die Säfte, die man aus ihren Blättern, Blüten, Früchten oder Wurzeln frisch auspressen kann, enthalten diese kostbaren Stoffe – und zwar in höchster Konzentration. In ihnen steckt die geballte Gesundheitskraft der Natur: Sie schenken Wohlbefinden, beugen Krankheiten vor, stärken die Selbstheilungskräfte des Körpers und können in akuten Fällen Beschwerden lindern oder sogar beheben.“
VOLLER WIRKSTOFFE
Heilpflanzensäfte versorgen uns mit Bitter- und Gerbstoffen, ätherischen Ölen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Vitaminen und vor allem mit sekundären Pflanzenstoffen, denen zahlreiche positive Wirkungen auf den Körper zugeschrieben werden. Entsprechend vielfältig sind ihre Einsatzmöglichkeiten: Sie leisten gute Dienste bei Erkältungskrankheiten, Verdauungsstörungen, Hautleiden, Harnwegsinfekten, Erschöpfungszuständen, Nervosität, Herz-Kreislauf-Beschwerden und können sogar äußerlich angewandt werden bei Prellungen und Blutergüssen. Eine Auswahl der wichtigsten Anwendungen und der unterstützenden Heilpflanzen verrät uns Peter Emmrich im Heft ab Seite 41.
ALLES WIRD GEPRESST
Von den dort erwähnten Kräutern werden in der Regel Blätter und Stängel ausgepresst. Die Wurzel nutzt man beim Löwenzahn zusätzlich, beim Baldrian ausschließlich. Für die Zubereitung von Bärlauch-, Johanniskraut-, Sonnenhut- und Weißdornsaft sind neben den Blättern die Blüten unentbehrlich. Heilkräftiges Gemüse wird mit all seinen essbaren Pflanzenteilen verwertet. Am einfachsten lassen sich die kostbaren Elixiere mit einem elektrischen Entsafter herstellen. „Wichtig ist, dass das Gerät über eine oder zwei Presswalzen verfügt und möglichst wenige Umdrehungen pro Minute macht – nur dann bleiben die gesunden Vitalstoffe erhalten“, empfiehlt der Chemiker und Sachbuchautor. „Bei einem hochtourigen Entsafter besteht die Gefahr der Überwärmung und damit gehen wertvolle Enzyme und Vitamine verloren. Außerdem wird der Saft darin durch das Herumwirbeln stark aufgeschäumt, was sich ebenfalls negativ auf sauerstoffempfindliche Inhaltsstoffe auswirkt.“ Niedrigtourige Entsafter sind ab etwa 150 Euro erhältlich – so wie der Slow Juicer ES 3571, den uns die Firma Severin für die Fotoproduktion zur Verfügung gestellt hat. Für das Entsaften in Handarbeit sind Muskelkraft und Ausdauer gefragt. Kräuter werden zuerst gründlich im Mörser zerquetscht, Gemüse lässt sich gut im Mixer pürieren. Den Saft presst man anschließend durch ein dünnes Wickeltuch aus – die Ausbeute ist allerdings erheblich geringer. Wer keine Lust oder Zeit hat, Heilpflanzensäfte selbst herzustellen, kann sie auch im Reformhaus kaufen.
SAFTIGE MENGE
Beim Entsaften erzielt man übrigens je nach Heilpflanze höchst unterschiedliche Erträge. Peter Emmrich: „Für 650 Milliliter Bärlauchsaft wird etwa ein Kilogramm Blätter und Blüten benötigt, aus der gleichen Menge Tomaten lassen sich dagegen etwa 900 Milliliter gewinnen. Es empfiehlt sich deshalb, die Ergebnisse zu notieren Kräuter bringen natürlich weniger Saft als Früchte und Gemüse. Hier hilft jedoch der Rat des Biologen, Rosmarin & Co. vor dem Auspressen zu bedampfen (siehe Seite 40).
OPTIMAL IST DIE MONATS-KUR
Die fertigen Säfte kann man vier bis fünf Tage im Kühlschrank aufbewahren. Bei Bedarf nehmen Erwachsene 15 Minuten vor einer Mahlzeit dreimal täglich zehn Milliliter oder zweimal 15 Milliliter Heilpflanzensaft mit etwas Wasser verdünnt zu sich. Für eine Kur ist eine Mindestdauer von einem Monat sinnvoll, in der die Säfte im Wochenrhythmus wechseln: Eine Frühlingskur etwa kann mit Selleriesaft starten, dann folgen Zwiebel-, Kaktusfeigen- und Petersiliensaft. Da Heilpflanzensäfte pur kaum schmecken, gibt uns Peter Emmrich zum Abschluss noch einige Tipps für Drinks mit diesen Elixieren, die wir zusätzlich zur „bitteren Medizin“ mit Genuss trinken können.
KONTAKT
Peter Emmrich, M.A. Diplombiologe und Facharzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren
Hohenzollernstraße 24
75177 Pforzheim
Tel. +49 (0)7231/2 813117
Mail:
[email protected] Internet: www.peter-emmrich.de
HERSTELLUNG VON HEILPFLANZENSÄFTEN
Aus Kräutern
ZUTATEN:
3–4 Handvoll frischer Salbei oder andere Kräuter (Blätter, Stängel und Blüten)
ZUBEREITUNG:
1 Den Salbei grob zerkleinern und in ein Sieb geben.
2 Wasser in einen Topf füllen und zum Kochen bringen. Das Sieb mit dem Kraut in den aufsteigenden Wasserdampf hängen und darin 20–30 Minuten befeuchten. Das lässt die Blätter etwas quellen und steigert beim Auspressen die Saftmenge.
ANWENDUNG: Bei Bedarf 3 Mal täglich 10–15 ml des fertigen Heilpflanzensafts mit etwas Wasser oder Tee einnehmen. Man kann ihn auch für einen kleinen Vorrat herstellen und in eine saubere, verschließbare Glasflasche abfüllen. Im Kühlschrank ist der Saft 4–5 Tage haltbar, danach sollte er neu gepresst werden. Mit ein wenig Wirkstoffverlust kann der Saft auch eingefroren werden.
Aus Gemüse
ZUTATEN: 2–3 Artischocken oder anderes Gemüse
ZUBEREITUNG:
1 Das Gemüse grob zerkleinern. Bei besonders faserigen Sorten das Gemüse feiner schneiden.
2 Das Gemüse in den Entsafter geben und nach Herstellerangaben auspressen.
ANWENDUNG: Bei Bedarf 3 Mal täglich 10–15 ml des fertigen Heilpflanzensafts mit etwas Wasser oder Tee einnehmen. Man kann ihn auch für einen kleinen Vorrat herstellen und in eine saubere, verschließbare Glasflasche abfüllen. Im Kühlschrank ist der Saft 4–5 Tage haltbar, danach sollte er neu gepresst werden. Mit ein wenig Wirkstoffverlust kann auch der Gemüsesaft eingefroren werden.