Die Vögel zwitschern fröhlich, und die Sonne heizt bereits ordentlich, als wir auf dem Hof der Gärtnerei Sturm eintreffen. Seit 1946 wird von der Familie Sturm Gemüse angebaut, seit 1991 am Rand der Hallertau im oberbayerischen Paunzhausen. „Mein Opa hat damit begonnen“, erzählt uns Franz-Xaver Sturm, Juniorchef und Gemüsegärtner mit Meisterprüfung. Im Vorfrühling kommen seine im Treibhaus gezogenen Kohlrabi auf den Markt, ab Mai dann die Ernte vom Freiland, die jetzt noch unter einem Wärmevlies reift. Nach den Eisheiligen kann dann auch das Vlies entfernt werden, doch so ganz ohne Dach über dem Kopf könnten seine
Brassica oleracea var. gongylodes L. nicht überleben. Denn Biogemüse braucht speziellen Schutz vor Insekten und Hasen sowie vor anderen nagenden oder saugenden Schädlingen wie der Drehherzmücke. Franz-Xaver, genannt Xaver, ist Gemüsegärtner mit Leib und Seele. Bereits in den Achtzigerjahren besuchte Vater Schorsch erste Seminare über den Bioanbau, las sich in die Bioland-Vorgaben ein und entschloss sich 1986, ganz auf ökologischen Anbau umzusteigen. Das heißt: Verzicht auf chemische Dünge- und Spritzmittel.
Die Mischung macht’s
Stattdessen haben die Sturms einen anderen Helfer: „Nützlinge wie die Florfliegen, für die wir extra Blumen pflanzen. Und Netze. Wir legen über die Felder riesige Netze, die wir dann jedes Mal, wenn wir auf dem Feld arbeiten oder mit dem Traktor ernten, wieder abziehen müssen.“ Und geerntet wird oft. Xaver: „Wir bauen von unseren etwa acht Hektar Gemüsefläche 1500 bis 2000 Quadratmeter Kohlrabi an, zwölf Sätze, also zwölfmal säen und ernten.“ Mit einer Anbaufläche von insgesamt zehn Hektar liegt der Hof größenmäßig im Mittelfeld: „Für einen Direktvermarkter sind wir fast schon zu groß, aber für den Großhandel deutlich zu klein. Wir lavieren uns irgendwo dazwischen hindurch.“ Im Hofladen, der Dienstag und Freitag geöffnet ist, verkaufen die Sturms ihr frisch geerntetes Gemüse. Dazu Obst und Naturkostprodukte, Wein und Käse. „Je nach Saison verkaufen wir auch Gemüsejungpflanzen aus eigener Produktion und in Profiqualität.“ Schließlich sind wir in einer Gärtnerei. Auch der Kohlrabi wird trotz des langsameren, umweltschonenderen Bioanbaus professionell betreut: „Alle zwei Wochen wird ein Satz Kohlrabi gesät, sodass später auch alle zwei Wochen geerntet werden kann“, erklärt uns Xaver Sturm. Im nächsten Jahr dann wird gewechselt, eine Folgefrucht wie Lauch oder Sellerie wird gepflanzt, im dritten Jahr schließlich folgt eine Gründüngung, um einer Bodenmüdigkeit vorzubeugen.
Lieber Grün als Lila
Auch gedüngt wird rein ökologisch mit eigenem Kompost und Kuhdung. Im Nachbardorf besitzt die Familie fünf Angusrinder, die für den Ökodünger sorgen. Sie haben ein schönes Leben auf der Wiese – bis sie für gutes Fleisch auf den Tellern sorgen. Doch zurück zu den Kohlrabi. Christine und Xaver decken das unendlich große Netz ab. Pralle, runde und mehrheitlich zartgrüne Knollen strahlen uns entgegen. Wenig violetter Kohlrabi, nur die Sorte ’Azurstar’ leuchtet lila dazwischen, eine samenechte, das heißt nachbaufähige Sorte. Da die Sturms auch Direktvermarkter sind, bekommen sie oft Kundenmeinungen zu hören und erfahren dabei nicht nur, was am ehesten nachgefragt wird, sondern auch, aus welchen Gründen. Christine Sturm erzählt: „Lila Kohlrabi kaufen nicht viele Kunden. Er braucht etwas länger zum Wachsen, schmeckt aber nicht besonders anders als der grüne.“ Für den Geschmack sind Christine und Mama Elfriede verantwortlich. Sie probieren, was man aus den Gemüsesorten Überraschendes zubereiten kann.
Spannende Kochexperimente
Christine, eigentlich gelernte Bauzeichnerin, hatte früher mit der Landwirtschaft wenig zu tun – sie hatte Xaver beim Ausgehen kennengelernt. Heute aber kümmert sie sich um die Vermarktung und steht im Laden. Auch auf den Märkten wie dem Neustifter Bauernmarkt in Freising oder dem Puchheimer Wochenmarkt hilft sie aus. So experimentierte Christine mit grünen Smoothies, die normalerweise kohlig und gemüsig schmecken, wenn zu viel Kraut oder Kohlrabi enthalten ist. Ihr vitaminreicher Krafttrunk jedoch schmeckt fruchtig und süßsauer. Auch ein Hirsotto, das Christine deshalb so mag, weil Hirse im Gegensatz zu Reis regional wächst, wurde in der wunderschönen Landhausküche der Sturms kreiert. Dazu versuchte sich das Küchenteam Elfriede und Christine an einem Kohlrabi-Carpaccio, das besonders köstlich schmeckt, wenn der Kohlrabi jung und zart ist. Durch das Marinieren wird das Gemüse weich und würzig.
Über 40 Sorten Kohlrabi
Wir betreten die Gärtnerei und betrachten die Jungpflanzen. Xaver: „Es gibt in Deutschland etwa 30 weiße und 14 blaue Kohlrabi-Sorten, frühe, späte, und es setzen sich auch viele Hybrid-Sorten durch. Die größten Knollen liefern ’Gigant’ und ’Superschmelz’. Wir bauen im Frühjahr und Herbst vor allem die Sorte ’Cindy’ an, weil die mit den kurzen Tagen zurechtkommt. Im Sommer dann ’Korist’.“ Wir erfahren noch mehr: Bei zu geringem Pflanzabstand bildet Kohlrabi wegen des Lichtmangels lange schmale Knollen. Frühsorten lassen sich schlechter lagern (zwei Wochen), Herbstkohlrabi ohne Laub hingegen mehrere Monate. Von der Aussaat bis zur Ernte muss man je Sorte und Jahreszeit nur 12 bis 20 Wochen warten und fleißig gießen, ansonsten ist der Kohlrabi ein anspruchsloser Gartenbewohner. Vorgezogene Setzlinge verkürzen die Wartezeit um vier bis acht Wochen.
Na dann: Guten Appetit.
Grüner Krafttrunk - vegetarisch
Zutaten für 4 Personen:
- 1/2 Ananas
- 1 Kohlrabi mit Grün
- 1 Banane
- 30 g Ingwerwurzel
- Saft von 2 - 3 Limetten
- 1 EL möglichst flüssiger Honig
Ananas, Kohlrabi, Banane und Ingwer geschält, gewaschen, gewürfelt und geputzt zusammen mit den übrigen Zutaten in einen Standmixer geben und fein pürieren. Am besten schmeckt der Smoothie gekühlt.
Zubereitungszeit: 5 Minuten
Pürieren: circa 1 Minute
Weitere leckere Rezepte wie z.B. "Kohlrabirahmsuppe mit Kräutercroutons" oder "Kohlrabi-Kurkuma-Hirsotto" finden Sie in der aktuellen Ausgabe der LandIDEE.
Dankeschön + Kontakt
Gärtnerei und Hofladen:
Gärtnerei Sturm
Wehrbach 23
85307 Paunzhausen
Tel. +49 (0) 84 44/74 08
E-Mail: [email protected]
Internet: www.gaertnerei-sturm.de
Öffnungzeiten des Hofladens:
Dienstag und Freitag jeweils von 9 bis 18 Uhr