Salbei, der geliebte Alleskönner. „Warum stirbt eigentlich der Mensch, dem Salbei im Garten wächst?“, fragte schon das lateinische Lehrgedicht „Regimen sanitatis Salernitanum“ aus dem 12. Jahrhundert. Bereits seit der Antike ist die samtige Pflanze als Heilmittel beliebt. Zwar wächst unser heilsamer Hauptdarsteller Salvia o cinalis nicht unbedingt überall am Wegesrand. Trotzdem geht seine Verwendung hierzulande nachweislich bis ins Mittelalter zurück. Zu dieser Zeit wusste man das Kraut bei uns als Gewürz zu schätzen. Im mediterranen Raum lobte Dioskurides im ersten Jahrhundert die blutstillenden, wundheilenden, harntreibenden und menstruationsfördernden Kräfte. Mit den Mönchen und ihrem medizinischen Wissen kam die Pflanze etwa im siebten Jahrhundert endgültig in die Länder nördlich der Alpen.
UNSTERBLICHKEITSKRAUT
Karl der Große befahl den Salbeianbau in den Kräutergärten seiner Hofgüter. Im botanischen Lehrbuch „Liber de cultura hortorum“ (9. Jh.) wird Salvia als Heilmittel gegen Husten, Magenschmerzen, Verdauungsstörungen, schlecht heilende Geschwüre sowie Fallsucht und Schwindel beschrieben. Zumindest die ersteren Diagnosen werden in der Naturmedizin bis heute erfolgreich mit Salbei behandelt, ebenso wie übermäßiges Schwitzen während der Menopause und Wunden. Hildegard von Bingen erklärt in ihrem Werk „Physica“: „Der Salbei ist von warmer und trockener Natur (...), er ist nützlich gegen die kranken Säfte.“ Sie empfiehlt eine Mischung aus Salbei, Majoran, Fenchel und Andorn gegen „Kopfschmerz durch Verqualmung des Magens“.
HILDEGARDS REZEPTE
Auch gegen Koliken verschreibt Hildegard eine Kräutermischung mit Salbei. Unsere Fachfrau Andrea Rieder meint ebenfalls, dass kein Garten und keine Kräuterbank ohne Salbei sein sollte: „Auch in der Mundhygiene ist Salbei unverzichtbar. Bereits im Mittelalter kaute man die Blätter gegen schlechten Atem oder Wunden in der Schleimhaut. Auch das reinigende Räuchern von Räumen, in denen Krankheiten zu Hause waren oder einfach nur vorbeugend, ist bis heute eine beliebte Praxis − auch in Ställen“. Selbst gegen Vergesslichkeit soll Salbei helfen. Als Gewürz, und damit auch als Heilmittel, gab man Salbei frisch oder getrocknet und fein dosiert zu fettem Fleisch oder Fisch wie Aal, zu fettem Ge- ügel wie Gans und Ente. Auch Met, Wein und Bier aromatisierte man damit. Man glaubte sogar, dass Salbeiblätter ein Mittel wären, die Liebe einer begehrten Person zu wecken. Ihres aromatischen Duftes wegen, mutete man der Pflanze magische Kräfte zu. „Vermutlich war es dann doch eher der Alkohol im Wein, als der Salbei, der die Liebe erweckte“, lacht Andrea Rieder. Sie schätzt dafür die entspannende, krampflösende, verdauungsfördernde, schmerzlindernde (Hals) und hustenstillende Wirkung der Blätter. „Auch die Schulmedizin ist überzeugt von Salbei,“ weiß sie. „Das gilt ja stets als Ritterschlag für Naturkräuter.“
KONTAKT
Kräuterwanderungen mit Andrea Rieder finden statt im Hollersbacher Kräutergarten und Bienenlehrpfad
A-5731 Hollersbach
Telefon: +43 664 206 64 77
E-Mail
[email protected]www.hollersbacher.at
BESTELLSET
Andreas Kräutermischungen, passend zum Thema des Museums:
Die Samer/Säumer: Menschen, die mit ihren Tieren Lasten über’s Gebirge brachten:
Samerrast-Tee
Samerwürze Kräutersalz
Samerfit Badesalz
Preis: 14,50 € zuzügl. Porto
REZEPT
"VIER-RÄUBER-ESSIG" - verhilft zu eiserner Gesundheit
ZUTATEN:
- 1 Handvoll frischer Salbei
- 1 Handvoll frische Rosmarinzweige
- 1 Handvoll Pfefferminze
- 1 Handvoll (frische oder getrocknete) Angelikawurzel
- 1 l feinster Obstessig
- evtl. 3 Blütenrispen vom Klebrigen Salbei (Salvia glutinosa ) wegen der Süße
ZUBEREITUNG:
1 Kräuter verlesen und grob schneiden. (Frische) Wurzeln gut abbürsten und ab - waschen, trocken tupfen und (frisch oder getrocknet) klein schneiden.
2 Alles zusammen in ein Schraubglas ge - ben und mit dem Obstessig auffüllen.
3 3–4 Wochen an einem hellen Ort, aber nicht in der Sonne ziehen lassen, dabei öfter schütteln.
4 Danach durch einen Kaffeefilter gießen und in dunkle Flaschen füllen.
ANWENDUNG:
Teelöffelweise in Wasser verdünnt einnehmen, zur Steigerung der Abwehrkräfte. Auch für gesunde Salatmarinaden. Mit Wasser verdünnt ebenfalls für antiseptische und basische Körperwaschungen, in Haarspülungen für glänzendes Haar. Reguliert die Fettproduktion der Kopfhaut. Salbei sollte von Schwangeren übrigens gemieden werden.
INFO:
Das Rezept „Vier-Räuber-Essig“ basiert auf einer Geschichte aus Südfrankreich: Zu Pestzeiten ging aus Angst vor Ansteckung niemand mehr in die Häuser der Verstorbenen. Nur diese berühmten vier Räuber. Sie plünderten die verlassenen Wohnungen und nahmen alles Wertvolle mit. Und keiner von ihnen erkrankte. Doch auf die Plünderungen stand die Todesstrafe. Als die Räuber schließlich gefasst wurden, versprach ihnen der Richter Straffreiheit, wenn sie ihm das Geheimnis ihrer Gesundheit verrieten. Sie rückten schnell damit heraus: Es war der Kräuteressig, den sie tranken und mit dem sie sich einrieben. Tatsächlich weiß man, dass Essig desinfizierend und antiviral wirken kann, ebenso wie die hier im Rezept enthaltenen Kräuter.